Preußisch-Österreichischer Dualismus und der Deutsche Krieg

Die Verhältnisse zwischen Preußen und Österreich wurden immer komplizierter. Seit 1848 hatten sich die Spannungen zwischen Österreich und Preußen ständig weiter aufgebaut und entluden sich 1866 im Deutschen Krieg. Am 3. Juli 1866 siegten die preußischen Truppen bei Königgrätz über Österreich. Im maßvollen Frieden von Prag (23. August 1866) mußte Östereich der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen. Unter Preußens Führung wurde der Norddeutsche Bund begründet, der mit den übrigen süddeutschen Staaten Schutz- und Trutzbündnisse schloß. Damit war Deutschland staatsrechtlich zu einer Sache außerhalb Österreichs geworden. *65)

Die Länder der böhmischen Krone waren vom frühen Mittelalter bis zum Ende des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation im Jahre 1806 fester Bestandteil des Reiches. Die böhmischen Könige hatten die Würde eines deutschen Kurfürsten. Böhmen gehörte danach bis 1866 zum Deutschen Bund. Mit dem Ausschluß der Österreichischen Lande aus dem Deutschen Bund und der bald folgenden (kleindeutschen) Reichsgründung am 18. Januar 1871 wurden die alten Bande Böhmens zu Deutschland zerschlagen. Dies bedeutete einen herben Rückschlag für die deutsche Bevölkerung, fehlte doch von nun an die Rückendeckung und der Ideen- wie Menschenfluß aus dem Mutterland. Die immer mehr in Nationalitätsschwierigkeiten (insbesondere dem Panslawismus) schlingernde Donaumonarchie vermochte diesen Mangel nicht aufzufangen. Geriet doch das Deutschtum selbst im habsburgischen Teil (Zisleithanien) immer mehr in die Defensive und prallte zudem mit den immer stärker werdenden Magyarisierungsbestrebungen in der transleithanischen (ungarischen) Reichshälfte aufeinander.

Nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen wurde mit einem sogenannten Ausgleich die staatsrechtliche Umwandlung des Gesamtstaates Österreich in die österreichisch-ungarische Monarchie (1867) vollzogen. Die Quote der von beiden Reichshälften zu erbringenden Kosten für die gemeinsam verwalteten Angelegenheiten mußte alle 10 Jahre in Ausgleichsverhandlungen durch die Delegationen beider Parlamente und deren Zustimmung selbst vertraglich festgelegt werden (Ausgleichserneuerungen). Der Ausgleich befriedigte weder die vor allem gesamtstaatlich denkenden Deutschen, noch die den Ausgleich als Zurücksetzung wertenden Slawen, aber auch nicht die ungarische Unabhängigkeitspartei. Da Ungarn jedoch seine polititische Geschlossenheit (kroatisch-ungarischer Ausgleich 1868) zunehmend gegenüber der westlichen Reichshälfte ausspielte und damit deren Innenpolitik erheblich belastete, wurden die Ausgleichsverhandlungen immer schwieriger (Höhepunkt 1895 - 1907). Dies führte trotz des mährischen Ausgleichs (1905) und des Ausgleichs mit der Bukowina (1910) bzw. den bis 1913 gediehenen Verhandlungen über einen tschechisch-deutschen Ausgleich in Böhmen bei anhaltendem ungarischen Widerstand zu der entscheidenden Frage nach der tatsächlichen "Rettungsfunktion" der Ausgleiche in der "Reichsproblematik" der Donaumonarchie.


*65) vgl. Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen: a.a.O., S. 131
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